REALITÄT TRAINIEREN?

Frage HARTMUT R. AUS LEICHLINGEN : Als Pflegedienstleitung bin ich schon viele Jahre im Be­ruf, davor habe ich ebenso lange als Pflegefachkraft ge­arbeitet. Zur Zeit meiner Ausbildung war das Realitäts­orientierungstraining sehr modern. Bekanntermaßen ist diese Methode heute überholt.Doch ich frage mich, ob es spezielle Situationen oder Krankheitsbilder gibt, in/ bei denen es sinnvoll ist, einen Bewohner auf die Realität hinzuweisen.

Antwort REDAKTION: Hallo, Herr R., ja, das gibt es noch, aber nur in Form von unauffälligen Alltagshilfen. Denn für viele Ihrer demenzi­ell veränderten Bewohner haben Jahreszahlen, Daten und Fakten kaum noch Bedeutung. Für sie ist entscheidend, dass sie sich in ihrer aktuellen Umgebung wohlfühlen und mit ihren Unsicherheiten und Ängsten nicht alleingelas­sen werden. Dies hilft ihnen, sich sicher zu fühlen, obwohl sie nicht mehr alles begreifen, was um sie herum geschieht. Personen mit fortgeschrittener Demenz können sich an die jüngere Vergangenheit kaum noch oder nur schemenhaft erinnern. Entsprechend benötigen sie Menschen, denen sie vertrauen können und die sie dabei unterstützen, sich zu orientieren. Entsprechend bedeutet Realitätsorientierung vor allem, dass Sie der demenziell veränderten Person Ver­lässlichkeit im Alltag bieten.

Bei psychiatrischen Erkrankungen kann es im Gegensatz zu einer Demenz wichtig sein, dass Sie Ihrem Bewohner einen Gegenentwurf zu seiner verschobenen Realitätssicht anbieten. Denn diese basiert in der Regel nicht auf verrin­gerten kognitiven Funktionen und fehlenden Erinnerun­gen, sondern auf einer verschobenen Wahrnehmung der Wirklichkeit.